Bemessung / Simulation

Die fachgerechte Bemessung/Dimensionierung/Auslegung einer geothermischen Quellenanlage schützt vor den Folgen von Überbemessungen (z.B. hohe Investitionskosten) sowie Unterbemessungen (u.a. unwirtschaftlicher Betrieb der Erdwärmeanlage bis hin zum Ausfall des Gesamtsystems).

Sie erfordert möglichst detaillierte Kenntnisse über verschiedenste projektspezifische Voraussetzungen und Anforderungen, um eine nachhaltige und wirtschaftliche Funktion der Geothermieanlage sicherzustellen. Maßgebliche Parameter für eine solche Bemessung sind u.a.:

  • geologische/hydrogeologische und thermophysikalische Eigenschaften des Untergrundes (u.a. Wärmeleitfähigkeit, Temperatur, hydraulische Durchlässigkeit)
  • Konfiguration/Anordnung der geothermischen Quellenanlage (u.a. Platzangebot, ggf. Tiefenbeschränkungen)
  • geplante thermische Nutzung der Geothermieanlage (geothermisches Nutzungskonzept: u.a. Heizen und/oder Kühlen, Betriebsweise, Vollbenutzungsstunden)
  • Qualität der thermischen Anbindung des Wärmeüertragers an den Untergrund (u.a. thermischer Bohrlochwiderstand)
  • spezifische Anforderungen an die Simulation (u.a. Simulationsdauer, Temperaturlimits)

Die Vielfalt der Parameter und deren unterschiedliche Wechselwirkungen erfordern eine rechnergestützte Dimensionierung der geothermischen Quellenanlage. Zur Nachbildung der dynamischen Speicher- und Transportvorgänge im Einflussbereich von erdgebundenen Wärmeübertragern kommen bei der H.S.W. GmbH spezielle Computermodelle bzw. Softwarelösungen zum Einsatz, z.B. Earth Energy Designer EED, EWS, Pilesim, HEAT, Feflow.

Allzu häufig werden Erdwärmesondenanlagen ausschließlich über den Wert der Entzugsleistung dimensioniert. Dies kann gravierende Fehlbemessungen zur Folge haben, da die Entzugsleistung von Erdwärmesonden von vielen Faktoren beeinflusst wird.

Thermohydrodynamische numerische Simulation (3D-FEM, FDM)

Für komplizierte Bemessungsfälle, wie inhomogene geologische Schichtung (und Wärmeleitfähigkeiten), starke Grundwasserdynamik und/oder instationäre Randbedingungen, kommen numerische Berechnungsverfahren zum Einsatz. Die Anwendung numerischer Modelle ermöglicht die Nachbildung und Prognose von Grundwasserfließbewegungen sowie den gekoppelten Transport von Wärme und erlaubt komplexe Transportvorgänge und Fließsysteme zu simulieren.

Die thermohydrodynamische 3D-Untergrundsimulation mit numerischen Modellen ist für mittlere bis größere Erdwärmesondenanlagen, Energiepfahlanlagen und Grundwasserwärmepumpen Stand der Technik (u.a. Empfehlung in der VDI-Richtlinie 4640) und ist zunehmend eine behördliche Anforderung für den Antrag zur wasserechtlichen Erlaubnis.

Aufgrund der realisierbaren hohen zeitlichen und räumlichen Diskretisierung weisen numerische Modelle gegenüber analytischen Lösungsverfahren bei der Bemessung der geothermischen Quellenanlagen erhebliche Vorteile auf. Nur wenige spezialisierte numerische Modelle (z.B. FEFLOW, MODFLOW) berücksichtigen sowohl die Wärmeleitung der Matrix als auch den Wärmetransport mit dem Grundwasser.

In der Praxis haben sich numerische Berechnungsverfahren für Geothermieanlagen u.a. für die Lösung nachfolgender typischer Fragestellungen bewährt:

  • Prognose von grundstücksrelevanten Beeinflussungen des Temperaturregimes im Untergrund ("Nachbarschaftsproblematik") durch den Betrieb von Erdwärmesondenanlagen, Energiepfahlanlagen bzw. thermischer Brunnen (u.a. bergrechtlich relevant)
  • Optimierung von komplexen Erdwärmesondenanlagen und Energiepfahlfeldern unter Berücksichtigung einer prognostizierten Grundwasserströmung (lateraler Wärmetransport)
  • Ermittlung des Speichernutzungsgrades einer Geothermieanlage mit saisonaler Wärmespeicherung unter Grundwassereinfluss
  • Prognose von Aufsuchungs- und Bewilligungsfeldern für Erdwärme im bergrechtlichen Verfahren

Weiterführende Informationen finden Sie auch auf unserer Themenwebsite Erdwärmesimulationen.

Bemessung von Erdreichkollektoren

Die Bemessung von Erdreichkollektoren wird für kleinere Wärmepumpenanlagen bis ca. 10 kW Heizleistung in Deutschland nach den Tabellenwerten der VDI-Richtlinie 4640 oder in Anlehnung daran vorgenommen.

Neben den bodenphysikalischen bzw. thermophysikalischen Kenngrößen (Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität, Porenwassergehalt) ist die regional schwankende Lufttemperatur das maßgebliche Bemessungskriterium für Erdeichkollektoren. Die Richtwerte für spezifische Entzugsleistungen nach der VDI-Richtlinie 4640 sind je nach geographischer Lage des geplanten Erdreichkollektors entsprechend kritisch zu betrachten.

Für die Dimensionierung von mittleren bis großen Erdreichkollektoranlagen sowie die Ableitung von Bemessungskenngrößen für Spezialanwendungen (u.a. mehrlagige Grabenkollektoren, Spiralkollektoren) setzt die H.S.W. GmbH numerische Simulationen (FDM-Software HEAT) und die Spezialsoftware Ground Loop Design ein. Die Anwendung numerischer Modelle ermöglicht die Berücksichtigung standortspezifischer Umgebungstemperaturen (hier: saisonaler Wechsel) und eine schichtendiskrete Parameterzuordnung.

Optimierungsmöglichkeiten bestehen durch technische Neuentwicklungen im Bereich der Messtechnik. So ermöglicht der Response Test für den Erdreichkollektor mittels Stichnadelsonden eine Vor-Ort-Messung der Wärmeleitfähkeit im Verlegehorizont der Erdreichkollektorleitungen und trägt damit zu einer optimalen Auslegung bei.

Bemessung thermoaktiver erd- bzw. wasserberührter Bauteile

Für die Simulation thermisch aktivierter erdberührter Bauteile (auch: Thermo-Aktive-Bauteile) wie z.B. Bodenplatten (auch: Energiebodenplatte), Schlitzwänden (auch: Energieschlitzwand) und Tunnelbauwerken (auch: Energietunnel) setzt die H.S.W. GmbH die Bauphysiksoftware HEAT ein. Sie ermöglicht u.a. die Berücksichtigung material- bzw. konstruktionsspezifischer Wärmeübergangswiderstände und die Abbildung von Wärmeströmen.

Darüber hinaus wurden mittels HEAT-Simulation durch die H.S.W. GmbH die thermische Aktivierung wasserberührter Bauteile wie Pontons, Hausboote und Spundwände sowie Fahrbahnen (u.a. Geothermiebrücke Berkenthin, Geothermiestraße) erfolgreich entworfen.

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